ArbeitsrechtVeröffentlichung

Arbeitsrecht für Werber Teil 1 – Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter

22. November 2012, 20:11 UhrJohanna Thoelke

(Der Beitrag von Johanna Thoelke wurde auf dem Agenturenblog Sputnika am 22.11.2012 veröffentlicht.)

In diesem Beitrag geht es um die Relevanz der Unterscheidung zwischen Ar­beit­nehmer und frei­em Mit­arbeiter, die Merkmale der beiden Gruppen, die Folgen einer Fehl­ein­­­­schätzung und die Mög­lich­­keiten, sich dagegen abzusichern.

1. Welche Folgen hat die Anstellung eines Arbeitnehmers?

Mit einem Arbeitnehmer schließen Sie einen Arbeitsvertrag, melden ihn bei der Krankenkasse, der Be­­­­­­­­­­rufsgenossenschaft und beim Finanzamt,  führen für ihn die Lohnsteuer an das Finanzamt und die So­­­­­­­­zialversicherungsbeiträge an die Krankenkasse ab, entrichten Beiträge an die Berufsgenossenschaft (abhängig von Ge­fah­­­­­­­renklasse), Umlagen an die Kran­kenkasse (für Entgeltfortzahlung und Mutterschaftsgeld), ü­ber­neh­­­­­­­men einen Anteil seiner Sozialversicherungsbeiträge, zahlen Lohn während Urlaub und Krankheit und tragen natürlich Ver­antwortung für ihn.

2. Welche Folgen hat die Beschäftigung eines freien Mitarbeiters?

Im Idealfall zahlen Sie nach Vertragsschluss und Auftragserledigung nur die Rechnung.

3. Kann ich mir aussuchen, ob ich jemanden als Arbeitnehmer oder als freien Mitarbeiter „an­stel­le?“

Nein, das ist nicht möglich. Der Status eines Mitarbeiters richtet sich immer nach der tatsächlichen Aus­ge­stal­­­­­tung der Arbeitsbedingungen und kann durch den Wortlaut des Vertrages nicht beeinflusst wer­den. Einzige Ausnahme: die Verwendung des Begriffs Arbeitnehmer im Vertrag – der macht auch aus ei­­­nem eindeutig freien Mitarbeiter einen Arbeitnehmer.

4. Wie kann ich Arbeitnehmer und freien Mitarbeiter unterscheiden?

Eindeutige Kriterien gibt es nur wenige. Wird jemand als Arbeitnehmer im Vertrag bezeichnet oder er­hält er Leistungen wie bezahlten Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, ist er Ar­beit­neh­mer. Beschäftigt aber der Mitarbeiter selber Arbeitnehmer über 400,00 € oder ist der Mitarbeiter nicht als er selbst, sondern als juristische Person wie AG oder GmbH beschäftigt, handelt es sich um ei­­nen Selbstständigen. Das Vorliegen eines Gewerbescheins ist aber kein Beweis für eine Selbst­stän­dig­keit. Ansonsten richtet sich die Einstufung vor allem danach, wie sehr der Mitarbeiter vom Arbeit-/ Auf­trag­geber bei der Erledigung seiner Aufgaben beeinflusst werden kann. Kann der Arbeitgeber Art und Weise, Ort und Zeit der Arbeit vorgeben und dem Mitarbeiter einen Ar­beitsplatz zu­wei­sen, spricht viel für eine Arbeitnehmerstellung. Wird dem Mitarbeiter nur ein Termin und das erwartete Er­­gebnis vorgegeben, ist er aber ansonsten frei, wann, wo und wie er arbeitet, spricht viel für eine Selbst­­ständigkeit. Eine eindeutige Einstufung ist aber häufig schwer möglich.

5. Was kann mir passieren, wenn ich einen Arbeitnehmer als freien Mitarbeiter beschäftige?

Dann liegt eine Scheinselbstständigkeit vor und es drohen Bußgelder wegen Nichtanmeldung von Ar­beit­­­­­nehmern beim Sozialversicherungs­trä­ger, Geld- und Freiheitsstrafen wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung von Sozial­ver­si­che­rungs­bei­­trägen sowie Nachzahlung von Lohnsteuer und So­zi­al­ver­­­si­cherungsbeiträgen.

6. Ist ein Scheinselbstständiger das Gleiche wie ein arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger?

Nein. Arbeitnehmerähnlich ist ein Selbstständiger, wenn er zwar selbstständig arbeitet, aber im We­sent­­­lichen nur einen Auftraggeber hat, das heißt, mehr als 5/6 seiner Einnahmen von einem Auf­trag­ge­­ber bezieht. Dieser Fall hat aber nur für den Selbstständigen selbst Konsequenzen, da er dann in der ge­setz­li­chen Rentenversicherung pflichtversichert ist und den gesamten Beitrag selbst tragen muss.

7. Kann ich den Status zeitnah verbindlich klären, ohne die Anstellung verschieben zu müssen?

Ja, das geht. Dazu stellen Sie binnen eines Monats nach Anstellung einen Antrag bei der Clea­ring­stel­le der Deut­schen Rentenversicherung auf Statusklärung, d.h. die DRV beurteilt nach einem Fra­ge­bo­gen, ob es sich um einen Arbeitnehmer oder einen Selbstständigen handelt. Stellt die DRV eine Arbeitnehmerstellung fest, so beginnt, sofern Ihr Arbeitnehmer damit ein­ver­stan­den ist, die Versicherungspflicht erst ab Bestandskraft der Entscheidung.  Stellen Sie den Antrag zu spät, be­ginnt die Versicherungspflicht mit Anstellung, das heißt, Sie zahlen Beiträge nach.